Wunder Punkt

Sonntag, 29. Oktober 2005

Die Beschneidung - geliebt von den Viktorianern, von großer Bedeutung für zwei der großen Weltreligionen, und wie manche behaupten, ein gesundheitlicher Segen, kann großes Leid verursachen. Richard Johnson trifft Männer die nach Wegen suchen den Schnitt rückgängigzumachen, den sie sich wünschen nie gehabt zu haben. 

 

Haut erneuert sich fortwährend von selbst. Die Vorhaut ist dabei keine Ausnahme: Man dehne sie, und sie wächst. Das ist Grund, warum sich acht beschnittene Männer in der Gemeinehalle von Watford treffen. Sie wollen neue Vorhäute. „Wenn mich Leute zu Hause besuchen“,  sagt Laurie, „sage ich nicht, 'Hallo, Ich heiße Laurie, ich lasse mir eine Vorhaut wachsen', aber ich habe Forschungsartikel auf meinem Wohnzimmertisch ausliegen, und so spricht sich es herum. Ich stelle wirklich fest, dass sich Leute sehr dafür interessieren, was ich mache.“  

Laurie teilt seine Erfahrungen mit der Restauration, wie der Prozess der Vorhauterneuerung genannt wird, mit weiteren Mitgliedern von NORM_UK. In den USA, wo NORM ursprünglich gegründet wurde (und die Beschneidungsraten sich irgendwo bei Viertel der männlichen Bevölkerung belaufen), steht es für National Organisation of Restoring Men [dt. Nationale Organisation Restaurierender Männer. Norm-UK steht für mehr als das, aber Laurie aber Laurie war erfolgreich und die anderen wollen ihn nicht unterbrechen-schließlich, innerhalb zweieinhalb Jahren, hat Laurie es geschafft, dass seine gesamte Eichel im schlaffen Zustand bedeck ist. In der Welt der Vorhautrestauration, ist das ein großer Erfolg. 

NORM-UK-Treffen sind klein und intim. Gewöhnlich nicht so klein und intim wie dieses, aber auf der M1 ist gerade Stau. Es wird ein wenig die Hände geschüttelt, aber gibt es ansonsten nur wenig an körperlicher Zuschaustellung. „Die Leute haben immer Angst, wir würden unsere Hosen ausziehen“, erklärt der Geschäftsführer David Smith. Laurie wäre der Idee nicht abgeneigt, um seine Dehnung herumzeigen zu können, Frauen dehnen ihre Haut für rekonstruktive Operationen nach Masektomien (Brustamputationen). Also warum sollten Männer sich nicht eine Vorhaut dehnen? 

Einige Männer können nichts wiederherstellen, sie sind zu straff beschnitten und haben kein Gewebe mehr übrig, das man wachsen lassen könnte, andere aber können das und behelfen sich mit Produkten wie dem TLC-Tugger, Tug Ahoy oder dem Your-Skin cone. Einige haben ihre einigen Do-it-Yourself-Lösungen gefunden und benutzen Trichter und Dichtungsringe um ihre Vorhaut zu dehnen um die Vorhat zu dehnen und Gewichte von Schiebefenstern, die für Zugkraft zu sorgen.   

Die ganze Idee der Vorhautrestauration mag sich vielleicht komisch anhören, wie die Zeit als Laurie einen Versuch mit Klebeband startete, die aller Primitivste unter den Methoden zur Vorhautrestauration. Er zog seine restliche Vorhaut über die Eichel und befestigte sie mit Klebeband. „Ich trug das Klebeband nur eine halbe Stunde lang“, erklärte Laurie, „aber es war schrecklich. Ich fuhr die Hauptstraße entlang und musste plötzlich in die nächst gelegene Toilette verschwinden um nachzuprüfen, dass mein Penis nicht schwarz, grün oder blau geworden oder gleich ganz abgefallen war.“ 

Das hört sich lustig an, das ist aber nicht. Nicht, wenn es einem selbst passiert. Smith erinnert sich daran als er sich die Szene im Film East Is East ansah, in der der Vater versuchte den Sohn zu fangen und ihn zur Beschneidung mitzunehmen. „Ich erinnere mich daran, wie das Kino in Hysterie verfiel, erklärt Smith, und sie lachten, als er in den Operationssaal gerollt wurde, aber alles, was ich hören konnte, waren die Schreie des Jungen. Meine Frau drehte sich zu mir um und sagte Ich muss gehen, Ich kann das nicht ansehen.'“  

„Ich hasste das Gefühl komisch zu sein, deformiert zu sein, Suizid schien mir damals eine gute Lösung.“

Wenn die Vorhaut entfernt wird, wird die Eichel entblößt und das kann zu Problemen führen-eine schützende Schicht wird entfernt  was manchmal zu Wundheit führt. "Ich hatte immer ein Problem damit, dass mein Penis mir Stimulationen gab, die ich nicht wollte, erklärt Kevin, der sich daran erinnert wie er als Junge " seinen Penis] durch die Hosentasche adjustieren" musste. „Ich stand nahe des Klettergerüstes auf dem Spielplatz, als ganz plötzlich, alle zu rufen begannen: 'Kevin ist schmutzig, Er spielt immer an sich rum.' Ich hasste das Gefühl komisch zu sein, deformiert zu sein, Suizid schien mir damals eine gute Lösung.“  

Kevin ist heute 56 und hat eine vollkommen restaurierte Vorhaut. Aber ihm bleibt die Frage, warum er überhaupt beschnitten wurde? Seine Mutter las die Bibel und besuchte die Sonntagschule, „Aber ich wurde unehelich gezeugt, als sie 17 war, und mein Vater war bereits geschieden. Sie wollten in der Kirche heiraten, deshalb denke ich, dass meine Beschneidung eine Art von Entschuldigung an Jesus war. Mein Vater war selbst nicht beschnitten, deshalb verstehe ich es selbst nicht.“ Und das ist ein Gefühl, das er mit vielen Mitgliedern von NORM-UK teilt. 

„Wir haben es hier mit Missbrauchsopfern zu tun.“

Die Treffen finden nur auf Basis der Vornamen statt, weil die Mitglieder ungerne ihre Identität preisgeben wollen. „Viele Männer, die zu den Treffen kommen, sprechen noch nicht mal mit ihren Familien über den Schmerz, unter dem sie leiden – wir haben es hier mit Missbrauchsopfern zu tun“, erklärt Smith. 

NORM-UK hat gegenwärtig knapp 300 Mitglieder. Weniger als 1 Nachfrage aus 10 führt zu einer Mitgliedschaft, aber es geht strenggenommen nicht um Zahlen. "Männer wollen häufig Informationen über die Restauration," erklärt Smith, aber sie möchten es geheim behalten. Sie haben Angst jemand könnte es herausfinden. Wenn sie mich anrufen, erklären sie mir, "Bitte achten sie darauf, dass das Informationsmaterial in neutralen Umschlägen ist und setzten sie mich nicht auf die Mailing List.'" 

Mein geliebter Penis wurde mit einer geschrumpelten Haut, einem Kranz aus Dornen-die schwarzen Nähte- und einer hässlichen großen Kuppel an der Spitze ersetzt. 

„Zuerst fühlte Ich einen Schock, später tiefe Wut und Verbitterung. Die Nähte verschwanden, aber die Verstümmelung nicht.“

John D. fühlte sich genauso. Er fühlte sich missbraucht, weil seine Beschneidung unnötig war eine Reihe von Antibiotika hatte seine Harntraktinfektion bereits beseitigt. „Aber mein Vater war mit dem Arzt einer Meinung, und erzählte mir, dass ich ein kleine Operation haben würde,“ erklärt er. "Ich erinnere mich daran, wie die Schwestern kicherten, als Ich in den Operationssaal gebracht wurde. Sie hatten so ein großes krankhaftes Grinsen und sagten 'Wir bringen dich jetzt zum Aufmotzen. Hä Hä Hä.' Ich war acht, aber der Hinweis möge genügen, dass sie wussten, was mit mir geschehen würde, aber ich nicht … Ich erinnerte mich, wie ich aufwachte", erklärt John D, „nachdem die Vollnarkose abgeklungen war und ich nach unten schaute. Mein geliebter Penis war  durch eine geschrumpelten Haut, einem Kranz aus Dornen die schwarzen Nähte und einer hässlichen großen Kuppel an der Spitze ersetzt worden. Zuerst fühlte Ich einen Schock, später tiefe Wut und Verbitterung. Die Nähte verschwanden, aber die Verstümmelung nicht. Mein Vater sagte Ich dachte nicht, dass das so aussehen würde." Es war ein Fall von desinformierter Einwilligung.“ 

Es gibt viele Horrorgeschichten über die Beschneidung. Wie jene Beschneidung in Baltimore 1964, die so extrem schief ging, dass die Ärzte sich entschlossen das Geschlecht des Kindes zu ändern. Oder jene in London 1991, als ein 16-Jähriger so stümperhaft beschnitten wurde, dass er die ganze Nacht blutete und verstarb. Aber diese Fälle sind außergewöhnlich, und keinesfalls typisch. Selbst bei Erwachsenen gilt die Beschneidung als eine relativ sichere und einfache Operation. Gegner des Eingriffs sehen das anders. 

„Ich bevorzuge Vorhautamputation. Es ist keine Operation, es gibt keine medizinischen Vorteile. Sie ist ein Ritus, ein Glaubensverbrechen.

John E ist blind. Aber es ist nicht seine Blindheit, die ihn davon abhält die Treffen zu besuchen. „Es ist die Tatsache, dass ich mich weit mehr ruiniert wurde als alle anderen“, sagt er. „Sie haben ihr leben in Ordnung. Und sie haben sexuelle Beziehungen, Ich nicht. Mein Leben wurde durch meine Beschneidung ruiniert, obwohl ich dieses Wort hasse. Ich bevorzuge Vorhautamputation. Es ist keine Operation, es gibt keine medizinischen Vorteile. Sie ist ein Ritus, ein Glaubensverbrechen.“

In der Bibel war die Beschneidung der Bund Gottes mit Abraham und dem jüdischen Volk. Von allen Geboten im Judentum, wird die Brit Milah (wörtlich übersetzt, der Bund der Beschneidung) vermutlich am universellsten befolgt. Und obwohl die Beschneidung eigentlich nicht im Koran erwähnt wird, wird er in anderen islamischen Texten erwähnt. Die meisten Muslime glauben, dass die Beschneidung von entscheidender Bedeutung sei, weil Allah Muhammed befahl Abraham nachzufolgen. 

Auf die Frage, ob NORM-UK jüdische oder muslimische Mitglieder habe, antwortet Smith: „Ja haben wir, aber es ist schwierig ihre genaue Anzahl abzuschätzen, weil, wenn uns jemand beitritt, wir ihn nicht nach seiner Religion fragen und es uns auch nicht wirklich interessiert.“

Religiöse Beschneidungen werden häufig ohne ein Betäubungsmittel durchgeführt und sind schmerzhaft, selbst wenn man sie an neugeborenen Babys durchführt. Erwachsene könne ihren Schmerzen selbstständig kundtun, und ihre informierte Zustimmung erteilen aber Kinder können das nicht. Wenn, wie Gegner behaupten, die Beschneidung traumatisch ist und zu lebenslangen Schäden führt einschließlich psychologischer Probleme und einem verminderten Sexualtrieb, warum werden religiöse Beschneidungen dann immer noch erlaubt? 

NORM-UK erklärt, dass sie eigentlich gar nicht erlaubt sind: Die UN-Konvention über die Rechte des Kindes erklärt, dass Gewalt gegen Kindern nicht gerechtfertigt werden kann aus Gründen der "Religion, Kultur und Tradition.“ Kinder sind nicht das Eigentum ihre Eltern, mit denen sie machen können, was sie wollen – oder Operationen unterwerfen, sofern diese nicht absolute notwendig sind. Wir machen eine Ausnahme für die Beschneidung weil sie in Genesis erwähnt wird. 

Dr. Zuhair Zarifa, aus den Docklands in Ost-London, ist einer der wenigen Chirurgen, der bereit ist die Tatsache zu bewerben, dass er Jungen aus religiösen oder ethnischen Gründen beschneidet [oder aus kosmetischen, ästhetischen oder sonst irgendwelchen Gründen] „Warum nicht?“, sagt er, „Die Operationen werden von der Ärztekamer erlaubt.  Und sie werden stattfinden, egal ob Ich sie mache oder nicht. Es ist viel einfacher, wenn die Operationen in meiner Klinik unter klinischen Bedingungen erfolgen, wo ich die nötige Nachsorge gewährleisten kann.“[Die Britische Ärztekammer hat . genauso wenig wie die Deutsche irgendeine Befugnis Operationen zu "erlauben" oder zu „verbieten“. ]

Sogar nicht praktizierende Juden neigen dazu ihre Söhne beschneiden zu lassen. Es wäre schließlich das erste Gebot gewesen, das Abraham gegeben wurde und das kennzeichnende körperliche Zeichen des [männlichen] jüdischen Volkes. Die Beschneidung umfasst „Hatafat Dam Brit“ – einen Tropfen Blut, der den Bund besiegelt, was für manche bedeutet, dass die Entfernung der Vorhaut über das von Gott Verlangte hinausgeht. Aber laut Rabbi Dr. Jeremy Rosen, geht das an der Sache vorbei. 

„Die Leute versuchen immer rationale Gründe für die jüdischen Bräuche zu finden“, erklärt Rosen. „Sie fragen, ob unsere Speisevorschriften die Hygiene verbessern. Sie fragen, ob der Sabbat zur geistigen Entspannung beiträgt. Und sie fragen, ob die Beschneidung Geschlechtskrankheiten vorbeugt.“ erklärt Rosen. „Aber selbst wenn diese rationale Grunde einer objektiven Überprüfung standhalten würden, wären sie keine Gründe zur Beibehaltung –oder Aufgabe-unserer Gesetzte. Man hält sich an diese Gesetzte aus der religiöser Hingabe heraus. Ich habe kein medizinisches Fachwissen“, so Rosen, der die Londoner Abteilung der liberalen Yakar Eductational Foundation betreibt, „aber ich bin überzeugt, dass die Beschneidung harmlos ist, und nicht traumatisch. Aber selbst, wenn dass der Fall ist, sind wir Juden im Laufe der Jahre sehr gut damit zurechtgekommen und gleiches trifft auf die Muslime zu.“ 

Die Beschneidung von Frauen und Mädchen wurde 1985 im Vereinten Königreich verboten.* Der gleiche Schutz wird nicht auf Jungen ausgeweitet, gerade weil es bedeuten würde sich mit zwei der größten Religionen der Welt anzulegen. Die meisten Formen der weiblichen Beschneidung sind zweifellos schädigender als die männlich Beschneidung aber der Unterschied in der Gesetzgebung zwischen männlicher und weiblicher Gesetzgebung kann nicht objektiv gerechtfertigt werden. Es ist ein Doppelstandard. 

Die Beschneidung wurde bis ins 18. Jahrhundert nicht in Großbritannien praktiziert, und kam richtig erst im 19. Jahrhundert in Mode, nachdem Behauptungen aufgestellt wurden, dass sie die Unsitte der Masturbation verhindere. Durch die Verhinderung der Masturbation, so glaubten die Viktorianer, würde die Beschneidung alles heilen können, angefangen von Epilepsie und Hüftproblemen bis hin zu Asthma und Alkoholismus. Im ersten Weltkrieg wurde sie als eine Präventionsmaßnahme gegen Geschlechtskrankheiten angepriesen, und bis zum Zweiten Weltkrieg war sie zu einem Statussymbol geworden; der überwiegende Teil der Mittel- und Oberklasse ließ seine Söhne bereitwillig beschneiden. Erst in den späten 1940ern, mit der Einführung [der staatlichen Gesundheitsversorgung] des National Health Service, begannen die Zahlen zurückzugehen – es wird heute geschätzt, dass gegenwärtig ungefähr 20% der männlichen Bevölkerung beschnitten sind. [überwiegend ältere Männer und Muslime Anm. d. R.

Aber wann immer eine neue Krankheit gesellschaftliche Besorgnis auslöst, wird die Beschneidung als das Heilmittel hervorgekramt. Ein kürzlich veröffentlichter Artikel im British Medical Journal berichtete über einen Zusammenhang zwischen einer intakten Vorhaut und HIV-Infektionen – aber ein Paper im Brtish Journal Of Urology fand genau das Gegeneil heraus. […] 

Es gibt keine wissenschaftlichen Beweise, dass die Beschneidung das Risiko an Peniskrebs oder Cervixkrebs zu erkranken senkt, lediglich Meinungsartikel aus den 1930ern (Peniskrebs) und 1950ern (Cervixkrebs). Unzählige wissenschaftliche Studien haben wieder und wieder belegt, dass die Beschneidung weder dem Gebärmutterhalskrebs noch dem Peniskrebs  vorbeugt. Die USA haben die höchste Rate sexuell aktiver beschnittener Männer in der westlichen Welt und gleichzeitig eine der höchsten Rate sämtlicher genitaler Krebserkrankungen. 

Die Organisation will die Beschneidung aber nicht vollkommen verboten sehen. Sie akzeptiert, dass es einige wenige medizinische Erkrankungen gibt, bei denen eine Beschneidung notwendig ist. Die anderen können durch einfache nichtchirurgische Maßnahmen behandelt werden. „Wir müssen die Ärzteschaft aufklären“, erklärt Smith, „weil ihnen Alternativen zur Beschneidung scheinbar unbekannt sind. Zweifellos sind ihnen die Probleme, die sie verursachen, nicht bewusst.“  

John D. ist ein typisches NORM-UK Mitglied insofern, dass die Beschneidung, als er ein kleiner Junge war seine gesamte Persönlichkeit verändert hat. „Ich wurde weniger gesellig, und begann Selbstgespräche zu führen. Ich hatte Angst vor Umkleideräumen. Ich hätte keine engen Beziehungen zum anderen Geschlecht bis ich 41 war, und ich war bis heute nicht fähig einen Orgasmus durch sexuellen Geschlechtsverkehr zu erreichen. Im Laufe der Jahre hatte ich richtige Probleme mit Depressionen, und ich kann diese sicher auf diesen Tag zurückverfolgen.“

Das sind keine Fragen, die für Ärzte im Vordergrund stehen. Man werfe einen Blick auf ein Praxishandbuch für Allgemeinmedizin, ein Online-Medizinlexikon, das von Allgemeinmedizinern benutzt wird und ihre Listenbeiträge für Phimose – ein Zustand, bei dem sich die Vorhaut nicht zurückziehen lässt. Die meisten Säuglinge werden mit einer Vorhaut geboren, die nicht zurückgezogen werden kann, und die Vorhaut ist häufig bis zum Ende der Pubertät noch eng. Die Phimose verschwindet in beinahe allen Fällen mit der Zeit. Ganz von allein bekommen bis zum 18 Lebensjahr 99% der Jungen eine komplett zurückziehbare Vorhaut, aber das Handbuch rät zur Beschneidung. 

Das Handbuch erwähnt mit keinem Wort  nicht-invasive Lösungen für dieses Problem – wie etwa Dehnen, Steroidsalbe oder eine einfachere Operation [wie z.B. die Triple Inzision]. Auf ähnliche Weise gibt es nicht-chirurgische Lösungen für Paraphimose, ein Zustand, wo die verengte Vorhaut [gewaltsam] zurückgezogen wird, wodurch die Eichel anschwillt. „Es hört sich blöd an“, erklärt John D. aber Paraphimose kann geheilt werden, indem man den Penis in eine Schüssel Zucker hält. Die Schwellung bildet sich zurück, und die Vorhaut kehrt zurück auf ihre Ruheposition." 

Zarifa ist sich nicht sicher über die Schüssel voll Zucker, aber er besteht darauf, dass Ärzte immer nicht-invasive Optionen zuerst versuchen. „Die Wahrheit an der Sache ist, dass die Dehnung sehr schmerzhaft sein kann,“ erklärt er. [Eine sachgemäß durchgeführte Dehntherapie ist vollkommen schmerzfrei]  „Und das ist ein ziemliches Unterfangen für ein kleines Kind. Für manche Jungs ist der Schmerz der Dehnens so schlimm wie der Schmerz der Beschneidung und ich würde sagen, dass 40-50% der Jungs, die eine Steroidsalbe benutzen am Ende doch eine Beschneidung haben. Aber es ist immer die letzte Option.“ [Mehr als 30 Studien unterschiedlicher Autorenkollektive aus unterschiedlichen Ländern geben Erfolgsrate der Behandlung mit steroidhaltigen Salbe zwischen 80% und 95% an.]

Die BMA unterstützt konservative Lösungen wann immer diese möglich sind. Aber unnötige Beschneidungen werden dennoch ausgeführt. Und wie der Gesundheitssauschuss der Unterhauses anmerkte, werden sie deshalb ausgeführt, „weil Ärzte nicht über die natürliche Entwicklungsgeschichte der Vorhaut Bescheid wissen.“

Die Beschneidung  und älteren Menschen wird als „kleiner Schnitt“ verharmlost wird, aber sie kann dennoch zu schwerwiegenden Blutungen oder zu einer schädlichen Reaktion auf das Narkosemittel führen. Und man kann kein  normales, gesundes sexuell funktionales Gewebe abschneiden ihnen die die normale gesunde sexuelle Funktion mitabzuschneiden," erklärt Marylin Milo seine Krankenschwester und Vorsitzende der National Organisation of Circumcision Information Resource Centres  in den USA. "Es ist ein sexuelle Frage, es ist eine Menschrechtsfrage." Die Vorhaut ist kein nutzloser Lappen Haut, die die Evolution schon vor langer, langer Zeit hätte beseitigen sollen-Sie ist ein Haut reich an Blutgefäßen, dicht mit Nerven durchsetzt, und auf einzigartig Weise mit Dehnungsrezeptoren ausgestattet. Diese tragen in großem Umfang zursexuellen Reaktion des intakten Mannes Bei. Die Dehnung der Vorhaut über der Eichel aktiviert Nervenenden, steigert die sexuelle Erregbarkeit, und trägt zum Ejakulationsreflex bei. Da gibt es kein Ausflüchte die Vorhaut ist ein sexuell bedeutsames Gewebe. 

Laurie kann heute darüber lachen, aber er vermisste seine Vorhaut (Sie wurde entfernt, als er 2 Jahre alt war). Er kam zurecht bis er die 60 anstrebte, und verlor immer mehr Gefühl in seinem Penis. „Um ehrlich zu sein“, sagt er „Sex war wie eine Nudelholz reinzudrücken . Und ich beziehe mich nicht auf die Größe, wenn ich "Nudelholz" sage-man kann kleine Nudelhölzer bekommen. Ich könnte überhaupt nichts mehr fühlen.“ Seine Eichel wurde durch die jahrelanger Reibung radikal desensibilisiert-so sehr, dass er einen Orgasmus haben konnte und es noch nicht mal spürte. Deshalb kontaktierte er NORM-UK. 

Während dem heterosexuellen Verkehr mit einem beschnittenen Mann entfernt der Penis natürliche Gleitmittel während er sich in die Vagina hinein und wieder heraus bewegt. "Deshalb kaufte meine arme Frau literweise künstliche Gleitmittel. Die Frau kann überhaupt keine Reibung spüren –das, was sie spüren kann sind Druckunterschiede.   

Laurie ist glücklich. „Genau wie meine Frau“, sagt er. „Die Haut wuchs in Schüben. Es bedurfte eine großen Anstrengung eine lange Zeit über und nichts geschah, wie mit dem Klebeband, aber plötzlich wachte ich eines morgens auf und dachte 'Woher kommt das jetzt'.“ Die neue Vorhaut besitzt nicht die Nervenden, die die alte einst besaß, anber die Eichel erlangte ihre gesamte Sensibilität zurück. „40 Jahre lang waren meine Frau und ich auf Gleitmittel angewiesen. Jetzt nicht mehr. Wir sind glücklich.“

David Smith ist NORM-UK einziger bezahlter Mitarbeiter. Er begann zuzugeben dass er für die Wohltätigkeitsorganisation arbeitete erst nachdem seine Eltern starben-er konnte die Fragen nicht ertragen. Die Kommission für Wohltätigkeitsorganisationstellte die Organisation 12 Monate lang auf Probe um sicher zu stellen, dass sie keine Tarnorganisation für Pornografie ist. Smiths Lohnzahlungen stammen aus einer Beihilfe der Lloyds TSB. Aber abgesehen von ihm, sind die Kuratoren alle Freiwillige. NORM-UK zu betreiben ist ein gewaltige Aufgabe: Verbindungen mit der Great Ormond Street aufzubauen um ein Faktenblatten zur Beschneidung auf der Krankenhauswebsite tu korrigieren Treffen mit der Familien Planungsklinik arrangieren, und Briefe an Hebammen zu versenden mit Empfehlungen für Alternativen zur Beschneidung.   

Wenn man die Mitglieder von NORM-UK trifft, wird man verstehen, dass es wichtiger ist auf die Komplikationen zu sehen und ihre körperlichen und psychologischen Nebenwirkungen. Mit der Zeit so hoffen die Aktivisten, wird die routinemäßige Beschneidung als eine weitere betrügerische Marotte angesehen werden zusammen mit Aderlass, Elektro-Schocktherapie und der frontalen Lobotomie. 


Informationen über die Vorhaut-Wiederherstellung in deutscher Sprache [externer Link auf www.circumstitions.com]


Zitierweise des englischsprachigen Originalartikels:

    Richard Johnson. Sore pointThe Guardian, Saturday, 29 October, 2005.